Warum Politiker Social Media (meist) falsch machen – und wie es besser geht

Politische Kommunikation ist kein Hexenwerk. Eigentlich. Trotzdem scheitern viele Politiker daran, Social Media für sich zu nutzen. Sie posten langweilige Statements, die niemand liest. Sie lassen jede Nahbarkeit vermissen. Und sie ignorieren die Plattform Regeln – um sich dann zu beschweren, dass sie nicht genug Reichweite bekommen.
Warum ist das so? Und wie machen Politiker Social Media besser? Eine, die es wissen muss, ist Carline Mohr. Sie hat im Bundestagswahlkampf 2021 den digitalen Newsroom der SPD geleitet und die Social-Media-Strategie rund um Olaf Scholz mitgestaltet. Und sie hat gezeigt, dass politische Kommunikation nicht nur sachlich, sondern auch emotional und strategisch klug sein kann.
Also, woran hapert es bei den meisten Politikern – und was können sie von erfolgreichen Kampagnen lernen?
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Weitere InformationenCarline Mohr

„Carline, Du musst Olaf Scholz zum Leuchten bringen.“
Mit diesem sportlichen Auftrag startete Carline 2019 als Newsroomchefin in der SPD-Parteizentrale und wurde mehr als einmal dafür belächelt. Am Ende wurde Olaf Scholz Bundeskanzler.
In den Jahren zuvor war Carline Leiterin Social Media bei BILD und Chefin vom Dienst für Audience Development beim SPIEGEL. Bei der Looping Group arbeitete sie als Head of Platform Strategy für Kunden wie Mercedes-Benz. Zuletzt war sie stellvertretende Chefredakteurin bei Business Insider.
Storytelling für Profis
Seit 2024 ist Carline selbstständige Kommunikationsberaterin. Sie unterstützt Parteien, Unternehmen und Einzelpersonen dabei, bessere Geschichten über sich und ihre Themen zu erzählen.
Sie hat ein exzellentes Gespür für Marken, Menschen und Zielgruppen. In Kombination mit ihrer journalistischen Expertise und jahrelangen Erfahrung als Digitalstrategin macht sie das zu einer Unterschiedsspielerin im Bereich Kommunikation.
Kontaktdaten Carline Mohr:
- E-Mail schreiben an: carline.mohr@gmail.com
- Anfrage bei LinkedIn schicken
- Bei Instagram folgen
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1. Social Media ist kein Verlautbarungsorgan
Viele Politiker nutzen Social Media wie ein digitales Schwarzes Brett. Sie posten Pressemitteilungen, teilen ein unmotiviertes Foto aus dem Plenarsaal und wundern sich dann, warum niemand reagiert.
Das Problem: Social Media ist keine Einbahnstraße. Plattformen wie Instagram, LinkedIn oder TikTok leben vom Austausch – nicht vom Senden. Wer nur Statements in die Welt hinaus bläst, wird ignoriert.
Carline Mohr hat das früh erkannt. Im Wahlkampf 2021 war es ihr wichtig, keine drögen „Olaf-Scholz-steht-für“-Postings zu machen. Stattdessen setzte sie auf Storytelling. Menschen erzählten ihre Geschichte – und Olaf Scholz reagierte darauf.
Das beste Beispiel: die Kampagne „Einer von 400.000“. Hier erzählten SPD-Mitglieder aus ihrem Leben. Zum Beispiel Hakan Demir, Kandidat in Berlin-Neukölln. Er sprach darüber, dass ihm als Kind peinlich war, was sein Vater beruflich machte – weil der als Gastarbeiter in einer Fabrik arbeitete. Heute setzt er sich für soziale Gerechtigkeit ein. Und Olaf Scholz? Er kommentierte diese Geschichten – anstatt nur über sich selbst zu reden.
Das Ergebnis:
✔ Hohe Interaktionsraten
✔ Mehr Reichweite durch Kommentare
✔ Ein Bild von Olaf Scholz, das sich organisch in den Köpfen verankerte
👉 Lehre für alle Politiker: Erzähl keine Eigenwerbung – lass andere für dich sprechen.
2. Reichweite kommt durch Interaktion, nicht durch mehr Postings
Ein Klassiker in der politischen Kommunikation: Wenn etwas nicht läuft, wird die Frequenz erhöht. „Wir müssen mehr posten!“, heißt es dann. Doch mehr Inhalt bringt nichts, wenn die Strategie nicht stimmt.
Carline Mohr wusste: Reichweite entsteht durch Interaktion. Der Algorithmus von Plattformen belohnt nicht Quantität, sondern Reaktionen, Diskussionen, Engagement. Also sorgte sie dafür, dass Olaf Scholz dort auftauchte, wo bereits Gespräche stattfanden. Ein Beispiel? Geschlossene Facebook-Gruppen.
Während klassische digitale Bürgerdialoge oft an zu wenig Interesse scheiterten, ging Mohr einen anderen Weg: Sie suchte gezielt nach Facebook-Gruppen zu relevanten Themen – zum Beispiel eine Pflege-Community mit 75.000 Mitgliedern. Dann schrieb sie die Admins an: „Hättet ihr Lust auf ein exklusives Live-Q&A mit Olaf Scholz – nur für eure Community?“
Das Ergebnis:
✔ Hohe Beteiligung, weil es sich nach „ihrer“ Veranstaltung anfühlte
✔ Kein Kaltstart, sondern ein Gespräch in einem bestehenden Raum
✔ Inhalte, die weiter geteilt wurden – weil sie direkt relevant waren
👉 Lehre für alle Politiker: Geh dorthin, wo die Menschen bereits sind – statt darauf zu hoffen, dass sie von allein zu dir kommen.
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3. Menschen wählen keine Kumpels – aber sie wählen Kompetenz mit Nähe
Es gibt einen weitverbreiteten Irrglauben: Politiker müssten sich „nahbar“ inszenieren, um gewählt zu werden. Doch die meisten Menschen wählen keine Politiker, mit denen sie gerne ein Bier trinken würden. Sie wählen Politiker, denen sie Lösungen zutrauen. Deshalb ging es im Scholz-Wahlkampf nicht darum, ihn als „coolen Typen“ zu verkaufen. Sondern darum, seine Kompetenz mit Menschlichkeit zu verbinden.
Hier kam eine einfache Technik zum Einsatz: Gefühle übersetzen.
Beispiel: Ein Bürger fragt im Live-Format: „Herr Scholz, ich bin damals fast an Hartz IV zugrunde gegangen. Wie wollen Sie das jetzt anders machen?“
Antwort Scholz: eine sachliche Erklärung.
Doch dann kam Carline Mohr als Moderatorin ins Spiel und sagte:
Ich glaube, die eigentliche Frage ist: Herr Scholz, kann dieser Mensch Ihnen vertrauen, dass das nie wieder passiert?
Carline Mohr
Plötzlich wurde das Gespräch emotional. Die Frage hatte eine andere Wucht – und die Antwort auch. Das ist das Geheimnis guter Kommunikation: Sachlichkeit und Emotion kombinieren.
👉 Lehre für alle Politiker: Sei kompetent – aber vergiss nicht, dass Wähler auch fühlen.
4. Langfristige Community-Arbeit statt Wahlkampf-Feuerwerk
Die größte Todsünde in der politischen Kommunikation? Social Media nur im Wahlkampf ernst zu nehmen.
Jedes Mal das gleiche Muster:
✅ Wahlkampf beginnt – Politiker entdecken plötzlich Social Media
❌ Wahl vorbei – Accounts verwaisen wieder
Warum ist das ein Problem? Weil Community-Aufbau Zeit braucht. Wer nur alle paar Jahre auftaucht, kann keine echte Verbindung aufbauen.
Die Lösung? Langfristige Präsenz. Carline Mohr kritisiert, dass es in der Politik keine echte Influencer-Strategie gibt. Dabei sind Plattformen wie Instagram und TikTok genau darauf ausgelegt: Persönlichkeiten aufzubauen, die dauerhaft Vertrauen schaffen.
Die Grünen haben es mit Robert Habecks Küchengesprächen vorgemacht. Und auf TikTok zeigt sich, dass selbst unpolitische Influencer wie „PapaBastiAndFamily“ einen starken Effekt haben können – wenn sie authentisch mit politischen Themen verknüpft werden.
👉 Lehre für alle Politiker: Social Media ist kein Sprint – es ist ein Marathon.
Fazit: Die wichtigsten Regeln für politische Kommunikation auf Social Media
1️⃣ Verkündigung war gestern – heute zählt Storytelling. Lass andere für dich sprechen.
2️⃣ Reichweite kommt nicht durch mehr Postings – sondern durch kluge Interaktion.
3️⃣ Menschen wollen Kompetenz mit Nähe – nicht einfach nur Kumpel-Typen.
4️⃣ Social Media ist kein Wahlkampfinstrument – es ist ein langfristiger Kommunikationskanal.
Politische Kommunikation kann spannend, emotional und gleichzeitig strategisch sein. Wenn man es richtig macht. Carline Mohr hat das bewiesen. Und es gibt keinen Grund, warum andere nicht daraus lernen sollten.Denn die gute Nachricht ist: Es ist nicht zu spät, es besser zu machen. Also für die nächste Wahl dann.
Solltest du Fragen oder Anmerkungen haben, schicke uns gerne eine E-Mail an hallo@amtshelden.de. Ihr kommt in eurer Stadt mit Social Media nicht wirklich voran? Dann haben wir vielleicht was für dich – schau dir mal unser Amtfluencer-Programm an.
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