Stadtgespräch – Warum Behörden ein neues Bewusstsein für Stadt, Menschen und Kognition brauchen
In diesem Gastbeitrag widmet sich Sven Matis dem Thema „Stadtgespräche“ und zeigt auf, warum Behörden ein neues Bewusstsein für die Verbindung von Stadt, Mensch und Kognition benötigen. Basierend auf seinem gleichnamigen Buch „Stadtgespräch: Neues Bewusstsein für moderne Kommunikation“ beleuchtet er offene Fragen und liefert spannende Denkanstöße.
Kommunen haben mehr technische Anlagen als jemals zuvor. Ihre Bewohnerinnen und Bewohner verfügen über mehr Wissen; sie sind mobiler und medial global vernetzt – dennoch gleicht unser die Gestaltung der Zukunft einem Stochern im Nebel. Wir haben Fragen an uns selbst und unsere Umwelt. Das „Stadtgespräch“ vermittelt ein Gespür fürs Gelingen, für Gespräche und für Gemeinschaften. Das Buch zeigt, dass Botschaften – egal ob im politischen oder im privaten Umfeld – nur unter bestimmten Voraussetzungen ankommen. Dazu gehört es, Öffentlichkeit als Geflecht von Beziehungen wahrzunehmen, Kommunikation als Wechselspiel von Reiz und Reaktion sowie Kognition als Wegbereiter rationaler Entscheidungen.
Doch, was ist das Stadtgespräch? Das Phänomen kann man ganz nüchtern betrachten. Laut Duden umfasst es alles, was „in der Stadt immer wieder als Gesprächsthema aufgegriffen, besprochen, erörtert“ wird. Natürlich man kann das Stadtgespräch auch als „Unterhaltungsthema in einer Stadt“ in die Nähe von „Gerede, Gerüchteküche, Klatsch und Tratsch“ rücken. Wer die Vogelperspektive einnimmt, kann dabei ins Schwärmen geraten.
Klar ist: Das Stadtgespräch braucht einen Lokalbezug. Das Lokale umfasst …
- die Routinekontakte der Bevölkerung, die in Städten, Gemeinden oder Nachbarschaften ablaufen
- Begegnungsräume wie Wochenmärkte oder Stammtische
- Orte der Stimmabgabe (Wahllokal) und
- einen Habitus, der ersichtlich wird, wenn Kontakte in Räumen ihre Wirkung entfalten.
Bei diesen Kontakten geht es um Verständigung, die ein ständiges Aushandeln und Neubewerten der sozialen Realität ist. Jedes Gespräch lässt eine neue Wirklichkeit entstehen und macht im besten Fall Vorstellungen greifbar.
Im Stadtgespräch zeigt sich, dass …
- Kommunikation soziales Verhalten ist,
- die Stadt auf Grund ihrer Dichte rationales, berechenbares Verhalten fordert
- Menschen zum Rückzug Nischen brauchen, diese aber zum Austausch und zur Abstimmung mit dem Umfeld verlassen müssen, und
- diese Abstimmung zu einer Komplexität führt, die die Wissenschaft Emergenz nennt.
Emergenz ist eine sichtbare und kaum vorauszubestimmende Dynamik, die das Stadtgespräch zum idealtypisches Schwarmverhalten macht. Allen Beteiligten des Schwarms gelingt es durch Kommunikation, ihre Aktionen so aufeinander abzustimmen, dass eine sichtbare kollektive und vielfältige Einheit entsteht.
Diese Einheit vollzieht sich Tag für Tag innerhalb der Stadtgrenzen. Die Stadt ist die verwirklichte Idee eines Schutzraums, der die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse garantiert, der den Austausch von Waren und Gedanken ermöglicht und eine Plattform für Innovation, Darstellung und Aufstieg bietet. Städte sind zugleich organisierte Freiräume. Organisation erfordert Kommunikation. Freiheitlicher Politik gelingt es, Mitsprache institutionell auszugestalten. Diese Form der Kommunikation ist „Problem“ und „Lösung“ auf einmal und damit eine gemeinschaftliche Anstrengung.
Deswegen ist das Buch auch kein Alleingang, sondern eine Verstehensreise, die vor allem dank des Mitwirkens vieler kluger Menschen funktioniert: 22 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis haben ihr Wissen geteilt. Die Interviews geben Anregungen und Impulse zu Themen aus den Bereichen Kommunikation, Stadtsoziologie und Kognition. Manche sind abstrakt und zeigen die großen Zusammenhänge, andere ganz konkret und geben Behörden Hilfestellungen für die Bewältigung ihrer alltäglichen Herausforderungen. So soll ein „neues Bewusstsein für moderne Kommunikation“ entstehen.
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