Barrierefreiheit in der Behördenkommunikation – alles was ich wissen muss

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist ein Gesetz, das die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen in Deutschland regelt. Es setzt die EU-Richtlinie 2019/882 (European Accessibility Act, EAA) in nationales Recht um. Ziel des BFSG ist es, sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu Produkten und Dienstleistungen haben, die für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmt sind. Ab dem 28. Juni 2025 müssen alle betroffenen Unternehmen die Anforderungen des BFSG erfüllen.
Welche Geltungsbereiche trifft es?
Das BFSG gilt für eine breite Palette von Produkten und Dienstleistungen, einschließlich:
- Computerhardware und Betriebssysteme
- Selbstbedienungsterminals (z. B. Geldautomaten, Fahrkartenautomaten)
- Elektronische Kommunikationsgeräte (Smartphones, Tablets)
- E-Reader
- Elektronische Kommunikationsdienste (Telefonie, Internetdienste)
- Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten (Fernsehen, Streaming-Dienste)
- Personentransportdienste (z. B. öffentlicher Nahverkehr, Bahn- und Flugverkehr)
- Bankdienstleistungen (Online-Banking)
- E-Commerce (Online-Shops)
- Dienstleistungen der Notrufkommunikation
Was bedeutet Barrierefreiheit für Behörden Webseiten und für Social Media Content?
Barrierefreiheit für Webseiten und Social Media Content bedeutet, dass diese so gestaltet sind, dass sie von allen Menschen, unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten oder Behinderungen, problemlos genutzt werden können.
💻 Für Webseiten:
- Semantische HTML-Tags verwenden, um die Struktur klar und verständlich zu machen.
- Alt-Texte für Bilder und Grafiken hinzufügen, damit Screenreader die Inhalte vorlesen können.
- Kontrastverhältnis von Texten und Hintergrund überprüfen, um gute Lesbarkeit zu gewährleisten.
- Tastatur-Navigation sicherstellen, damit alle interaktiven Elemente ohne Maus zugänglich sind.
- Untertitel und Transkripte für Multimedia-Inhalte bereitstellen.
- Responsives Design gewährleisten, damit die Seite auf verschiedenen Geräten gut funktioniert.
📱 Für Social Media Content:
- Klare und einfache Sprache verwenden, um die Inhalte verständlich zu machen.
- Alt-Texte für Bilder und Grafiken in den Beiträgen hinzufügen.
- Untertitel für Videos bereitstellen.
- Lesbare Hashtags im „CamelCase“-Format verwenden.
- Barrierefreie Interaktionen sicherstellen, wie z.B. gut beschriftete Links und Buttons.
Warum ist das wichtig?
Barrierefreiheit ist wichtig, weil sie Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zu digitalen Informationen und Dienstleistungen ermöglicht. Sie fördert die Inklusion und stellt sicher, dass niemand aufgrund von Barrieren ausgeschlossen wird. Zudem erfüllt sie gesetzliche Anforderungen und schützt vor rechtlichen Konsequenzen. Barrierefreie Webseiten und Social Media Inhalte verbessern außerdem die Benutzerfreundlichkeit für alle Nutzer, was zu einer größeren Reichweite und besseren Nutzererfahrungen führt.
Praxis Beispiele
- Berliner Verkehrsbetriebe (BVG): Eine nutzerfreundliche, barrierefreie Webplattform, die kontinuierlich weiterentwickelt wird.
- Deutsche Rentenversicherung (DRV): Ein Designsystem, das konsistente, barrierefreie Designs ermöglicht und die digitale Modernisierung fördert.
- Christoffel-Blindenmission (CBM): Eine digitale Plattform mit interaktiven Tools wie einem Braille-Übersetzer und einem Fingeralphabet.
💻 Checklisten für Webseiten
- Struktur und Navigation
- Semantische HTML-Tags
- Logische Überschriftenhierarchie
- Navigationshilfen (Skip to Content-Links)
- Textinhalte
- Alt-Texte für Bilder
- Einfache Sprache
- Kontrastverhältnis
- Interaktive Elemente
- Tastatur-Navigation
- ARIA-Rollen und -Attribute
- Formulare mit klaren Labels
- Multimedia
- Untertitel und Transkripte
- Audiobeschreibungen
- Responsives Design
- Flexibles Layout
- Zoom-Funktionalität
- Dokumente
- Barrierefreie PDFs (PDF/UA-Standard)
- Barrierefreie herunterladbare Inhalte
📱 Checklisten für Social Media
- Textinhalte
- Klare und einfache Sprache
- Lesbare Hashtags (CamelCase)
- Bilder und Grafiken
- Alt-Texte
- Bildbeschreibungen
- Videos
- Untertitel
- Audiobeschreibungen
- Interaktive Inhalte
- Beschreibende Links und Buttons
- Alternative Zugangswege
- Live-Inhalte
- Live-Untertitelung
- Gebärdensprachdolmetscher
Ich möchte mit dem Thema in meiner Behörde von null starten – wie gehe ich vor?
- Informieren und Sensibilisieren
- Schulungen und Workshops zur Barrierefreiheit für alle Mitarbeiter organisieren.
- Grundlagen der Barrierefreiheit verstehen (z.B. durch Trainingsmodule wie von IBM iX angeboten).
- Bestandsaufnahme
- Quick Tests und Bewertungen der aktuellen Webseiten und Social Media Inhalte durchführen.
- Barrierefreiheits-Checklisten anwenden.
- Planung und Strategie
- Eine Projekt-Roadmap erstellen, die die notwendigen Schritte zur Erfüllung der Barrierefreiheitsanforderungen aufzeigt.
- Eine klare Strategie und Priorisierung der Aufgaben festlegen.
- Umsetzung
- Barrierefreie Design- und Entwicklungsprozesse einführen.
- Regelmäßig testen und überprüfen (z.B. umfassende Barrierefreiheitstests durchführen).
- Kontinuierliche Verbesserung
- Feedback von Nutzern einholen und Verbesserungen umsetzen.
- Fortlaufende Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen für Mitarbeiter durchführen.
- Dokumentation und Kommunikation
- Eine Erklärung zur Barrierefreiheit auf der Webseite veröffentlichen.
- Transparente Kommunikation der Maßnahmen und Fortschritte zur Barrierefreiheit.
Durch die schrittweise Umsetzung dieser Maßnahmen kann Eure Behörde eine barrierefreie digitale Präsenz schaffen, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht und allen Bürgern zugänglich ist.
Solltest du Fragen oder Anmerkungen haben, schicke uns gerne eine E-Mail an hallo@amtshelden.de. Ihr kommt in eurer Stadt mit Social Media nicht wirklich voran? Dann haben wir vielleicht was für dich – schau dir mal unser Amtshelden-Programm an.
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