Behördenkommunikation und Humor, wie geht das?

Wir nehmen uns eine ganz besondere Facette der Behördenkommunikation vor: Humor! Denn wer sagt denn eigentlich, dass Pressemitteilungen und offizielle Schreiben der Stadt immer nur trocken und ernst sein müssen? Wie viel Humor darf Behördenkommunikation? Und wie bleibt man trotzdem noch authentisch? Wir stellen uns die Frage nach der angemessenen Inszenierung und dem passenden Format.
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Zu Gast auf Kleinstadtniveau, Sven Matis, Pressesprecher der Stadt Stuttgart
Sven Matis ist seit mehr als 13 Jahren Pressesprecher der Stadt Stuttgart. Auf seinem Linked-In Profil schreibt er: Als Leiter der Pressestelle der Landeshauptstadt Stuttgart verantworte ich die Pressearbeit der Verwaltung. Ich habe ein Team mit fünf Sprecherinnen und Sprechern aufgebaut und bilde Volontärinnen und Volontäre aus. Neben der tagesaktuellen Beratung der Bürgermeisterriege und der Fachverwaltung, erstelle ich PR-Formate und arbeite an der strategischen Weiterentwicklung der Pressearbeit. Ich bin Mitglied in Krisenstäben der Verwaltung wie auch im Ältestenrat. Wissensvermittlung - das ist mein Tun in einem Wort. So war ich Keynote-Speaker bei der Absolventenfeier der Macromedia Medienhochschule mit dem Thema: "Über Vertrauen. Medien zwischen Fakt und Fake." Vor dem Deutschen Städtetag habe ich gesprochen über "Stuttgart und die Querdenker - Wenn Demos viral gehen." Referiert habe ich zudem über den "Rechtssicheren Umgang mit Journalisten & Informationen“ an der Europäischen Akademie für Steuern, Wirtschaft und Recht sowie an diversen Universitäten zur Frage "Im Twitter-Gewitter? Der Stadtsprecher im 21. Jahrhundert.“ An der Andrássy Universität bin ich Gastdozent für Medientraining und Wissenschaftskommunikation. LinkedIn: Sven Matis

Aber wie viel Humor darf Behördenkommunikation?
Die Frage nach dem perfekten Maß an Humor in einer Pressemitteilung kann man so pauschal natürlich nicht beantworten. Aber auch hier gehen wir nach dem Prinzip “einfach mal machen”. Das Ganze ist ein Trial-and-Error-Prinzip und jede Kommune muss für sich selbst herausfinden, wie humorvoll sie sein kann. Bei manchen Themen kann man eben etwas mehr Humor hervorbringen, als bei anderen Themen. Man muss also nur das richtige Thema finden und schon kann man auch als Stadtverwaltung das ein oder andere Thema auch in der Öffentlichkeit mit etwas Leichtigkeit nehmen.
Humor bringt Menschen zusammen, sorgt für Leichtigkeit und kann komplexe Themen zugänglich machen.
Sven Matis, podcast Kleinstadtniveau, folge 39
‼️ Aber Achtung: Wir bewegen uns hier auf einem schmalen Grat und man darf das Thema nie zu überspitzt darstellen! Denn auch Humor kennt Grenzen.
Best Practices – Stadt Stuttgart
“Die Zeichen der Zeit stehen im Rathaus auf Humor” – Witzige Pressemitteilung der Stadt Stuttgart
Im Jahr 2022 mussten die Zeiger der großen Uhr der Rathauses auf dem Marktplatz der Stadt Stuttgart witterungsbedingt erneuert werden und so kam es, dass dort eine Uhr ohne Zeiger zu sehen war. Daraus machte die Pressestelle der Stadt eine witzige Pressemitteilung, die die stuttgarter Zeitung 1:1 so übernahm und sogar selbst einige Wortwitze hinzufügte: zum Artikel.

Playlist für den Feinstaub-Alarm im Stau
Auch das Feinstaubproblem wurde kurzer Hand mit Humor genommen und so hat die Landeshauptstadt Stuttgart eine Playlist entwickelt, wenn man mal im Stau steht. Diese umfasst Titel wie z.B.:
- Kansas – Dust In The Wind
- Britney Spears – Toxic
- Mayer Hawthorne – I Wish It Would Rain
Alle Titel findest du hier im Artikel bei Kessel.tv
Die Emoji-Pressemitteilung
Vor der Kommunalwahl 2016 gab die Stadt Stuttgart eine Pressemitteilung heraus, die nur aus Emojis bestand. Eine ganz besondere Art des Wahlaufrufes. Nachdem die Pressemitteilung von der BILD und der Stuttgarter Zeitung aufgegriffen wurde, waren alle glücklich.

Negative Schlagzeilen mit Humor nehmen
Manchmal wird auch negativ über die eigene Behörde geschrieben, aber auch das kann man im ein oder anderen Fall einfach mal mit Humor nehmen und wieder etwas positive Energie verteilen. 2021 hat sich der Bund der Steuerzahler und extra 3 über die bemalten Treppen in Stuttgart lustig gemacht. Die Stadt hat versucht diesen Eklat humorvoll aufzugreifen. Mehr dazu auf Twitter.
Es macht auch Sinn, hin und wieder mitzuspielen, wenn man durch den Kakao gezogen wird.
Sven Matis, podcast Kleinstadtniveau, folge 39
Best Practices 2.0 – Auch andere Städte können Humor
Achtung, Aprilscherz!
Vor mittlerweile 8 Jahren regelte die Stadt Leipzig die Durchführung von Jungesell*Innen-Abschieden in der Leipziger Innenstadt. Aber Achtung, man beachte das Datum der Meldung! 😉
➡️ Denn das Ganze war nur ein Aprilscherz. Die Passantenfreiwilligkeitsvorbehaltsbescheinigung gibt es natürlich nicht wirklich.
Verliebt, verlobt, verbeamtet.
Um neue Auszubildende bei der Stadt Heidenheim zu gewinnen, richtete die Kommunikationsabteilung kurzer Hand aus #AusLiebeZumJob ein Tinder-Profil ein und versuchte darüber, neue Azubis zu gewinnen. Mehr dazu auf der Karriere-Seite der Stadt Heidenheim.
Aber irgendwann ist Schluss mit Lustig!
Die Satiresendung “Extra 3” kritisierte die Stadt Stuttgart, da diese Miete für Wohnungen zahlte, die zwar für Migrant*innen vorgesehen, aber (noch) nicht genutzt wurden. Die Stadt lehnte ein Interview ab, kam aber dennoch mit einem alten Statement zu Wort. Dies nutzte Sven Matis, um klar zu kommunizieren, dass irgendwann Schluss mit Lustig ist und man bei bestimmten Themen Ernst bleiben muss, um authentisch zu sein.
Humor sorgt für Überraschungen
Das zeigt auch nochmal, dass Humor nicht immer nur ein Witz ist, sondern auch Leichtigkeit, anders denken und einen Perspektivwechsel bedeutet.
Julia Lupp, podcast Kleinstadtniveau, folge 39
Kurzum: Es geht bei Behördenkommunikation um verschiedene Erwartungen und gerade Humor hat etwas überraschendes und verlangt Courage. Dafür braucht es eine Behörde, die das passende Umfeld für humorvolle Kommunikation hat und authentisch bleiben will. Es kommt also auf das gesunde Maß an Humor in der Behördenkommunikation an.
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